„Kunst und
Menschlichkeit“
Afshin Derambakhsh
Projektleiter
Ich betrachte mich nicht als Schriftsteller, Dichter, Künstler oder Redner. Als Liebhaber der Kunst arbeite ich auf diesem Gebiet und bemühe mich so gut ich kann, Kulturen und demzufolge Menschen zusammen zu bringen. Den Sinn von Kunst sehe ich darin, die Gesellschaft über bestimmte Themen zu informieren, über die weniger nachgedacht wird: Themen, die entweder im Menschen und seiner Moral oder die in der Kultur eines Landes oder religiösen Motiven verwurzelt sind. Letztendlich sind diese Themen miteinander verwoben.
Wir wissen, dass „Kunst“ früher im Sinne von Technik und Handwerk verstanden wurde und der Künstler ein Mensch mit technischem und handwerklichem Geschick gewesen ist. Es ist eine solche Erkenntnis, die zur Erhebung der menschlichen Moral geführt hat. Der Künstler ist ein Mensch, der zunächst sich selbst erzählt, und dann sein Werk zum Maßstab macht und empfänglich ist für zulässige und unzulässige Kritik. So ist es, dass der Künstler bevor er sein Werk präsentiert, Menschlichkeit und Moral in sich entwickelt hat. Daher ist es angebracht, aus diesem Blickwinkel der Menschlichkeit und Moral zwei große Künstler zu betrachten: Hafez Schirazi und Günther Uecker.
Hafez ist ein unvergleichlicher Künstler, der die Kunst des Dichtens zum Ausdruck seiner selbst verwendet. Er ist ein vielschichtiger Mensch: Dichter, Mystiker, Kenner des Korans, islamischer Rechtsgelehrter und Gelehrter. Um ihn zu verstehen, muss man vergleichbare spirituelle Erfahrungen gemacht haben oder zumindest einen kleinen Einblick in seine geistige Haltung haben. Hafez’ Mystik ist einzigartig. In seinen Gedichten kann man seine große mystische Seele erkennen. Eine Mystik, die Hafez von Ruhm und weltlichen Titeln unabhängig machte. Die mystische Dimension seiner Kunst wird in seiner Sprache deutlich:
„Wenn in deinem Leben alles auf den Kopf gestellt ist
Habe nichts im Herzen das dich auf den Kopf stellen kann
Hafez! Wenn in dir der Wunsch nach Vollendung ist
So musst du zum Staub am Altar des Künstlers werden.“
Kunst und Mystik sind eng miteinander verknüpft, und das kann man besonders gut nachvollziehen wenn man Hafez’ Gedichte liest und die Werke Ueckers betrachtet. Als wäre Uecker beim Erschaffen seines Werks in der Gesellschaft von Hafez gewesen. Ich kenne ihn seit vielen Jahren und beschreibe ihn wie folgt:
Die Menschen atmen um zu leben
Günther Uecker atmet, um Menschlichkeit zu zeigen. Günther Uecker ist nicht nur ein Mann der Kunst, der Poesie, der Philosophie oder gar der Mystik, sondern ein leuchtendes Tor zum Universum. Durch diese unvergleichliche Offenheit wird der Blick von einem transzendentalen Standort auf die Realität freigegeben, ein Ort, der sich über Himmel und Erde erhebt. Aus der Verschmelzung beider hat er ein ewiges literarisches Kunstwerk geschaffen. Zweifelsohne ist Günther Uecker ein Vorreiter jener Künstler, denen es gelungen ist, durch „Kunst und Literatur” den Weg zur „Ewigkeit“ einzuschlagen. Er scheint der Vorläufer jener Genies zu sein, die mit ihren Worten das Universum trotz seiner Existenz und Weite erblassen lassen, mit allem Bekanntem und Unbekanntem darin, Wünschenswertem und Unerwünschtem. Sie sind die Auserwählten: es ist kein verschwenderisches Lob zu sagen, dass die Erde sich für jene dreht und die Sonne für sie scheint. Es ist die Rede von jenen unvergleichlichen Pionieren, die nicht nur dem Universum zuhören, sondern durch die das Universum spricht. Jene, die nicht nur die Füße auf die Erde stellen, sondern die die Füße der Erde sind, die die Karawane zum Himmel leiten. Sie sind mit der Kunst, die sie mit ihren Händen schaffen, der Leidenschaft, die sie durch ihre Lippen ausdrücken und dem Licht, das sie im Herzen tragen, ohne Zweifel die Verkörperung Gottes in menschlicher Gestalt. Die Linie des Denkens, die in Günther Ueckers Leben gezeichnet ist und die im Laufe von Jahrhunderten von großen Seelen und Wahrheit suchenden Künsten weitergegeben wurde hat nun eine neue Farbe in die Kunst gebracht:
„Die Menschheit ist der Weg Gottes”.
Dieser Weg ist ewig und lässt sich nicht auslöschen. Tatsächlich sind diese überzeugenden und mitreißenden Gedanken in jenen tosenden Strömen des Lebens geborgen die in die Köpfe und Herzen hineinfließen. Diese Flüsse durchströmen die Seele und beleben sie. Denn in ihr fließt das „Wasser des Lebens“. Es überrascht nicht, dass wir die Bewohner entlang dieses Flusses als Wesen erachten, die Leben spenden und voller Wachsamkeit sind, und die sich auf dem Weg zu einem Gipfel befinden, dessen Bewohner das Übernatürliche in der Natur sehen und ein Universum erkennen, das sich von der Ewigkeit zum Ursprung hin bewegt und nicht umgekehrt.
Kunst und Menschlichkeit, die Sprecher und Hörer von Leben und Wahrheit, sind die wahren Erzähler von Ueckers Wirklichkeit. Mittels der Kunst ist es ihm gelungen, Gedanken, Lieder und Sorgen zu durchdringen und die Botschaft seines Herzens mit dem Stift auf Papier, in Hefte und Bücher, als Schönheit und Licht auf alle Herzen zu übertragen. Diese spirituelle Botschaft ist nicht allein die der Mystik und Philosophie sondern entstammt dem Text des Lebens: „Sich Verbeugen vor Wahrheiten, die, wenngleich sie geleugnet werden können, nicht auslöschbar sind. Diese Botschaft soll den Weg ebnen, damit der Himmel zur Erde herab kommen und die Erde zum Himmel eilen kann. Es ist eine Botschaft, die anerkennt, dass der Mensch nicht auf etwas reduziert werden kann und dass keine Zeit oder kein Ort so weit ausgedehnt werden können, dass sie den Menschen zu verschlucken oder zu verschütten vermögen; vorausgesetzt, dass es sein Wunsch ist. Wir sprechen hier von einem Mann, der auf dem höchsten Gipfel steht: ein Gipfel, der einen Übergang markiert. Er bewegt sich von einem glanzvollen Gipfel in eine Richtung, in die alle oder viele Ströme fließen: zum menschlichen Geist und zur Hingabe an eine einzige allumfassende Wahrheit.